Johannes Passion – Februar 2010

Ausdruck geistlicher Ergriffenheit
(veröffentlicht am So, 07. Februar 2010 auf badische-zeitung.de)

Erster musikalischer Höhepunkt des Jahres war in Ihringen die Aufführung der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach durch den Freiburger Kammerchor und das Barockensemble.

IHRINGEN. Die nach dem Kirchenkalender zeitlich etwas zu früh angesetzte Darbietung – die Passionszeit setzt erst am Aschermittwoch ein – bekam in der nicht ausverkauften evangelischen Kirche jubelnden Beifall für Chor, Orchester und Solisten.

Die Leidensgeschichte Jesu nach dem Johannes-Evangelium hat viele Komponisten zur musikalischen Bearbeitung angeregt. Bachs Johannes-Passion gilt seit langem als eines der wichtigsten Werke der Kirchenmusik. Seine Uraufführung in der Leipziger Nikolaikirche erfolgte am Karfreitag des Jahres 1724. Der damals 39- jährige, gerade erst zum Kantor der Thomaskirche ernannte Komponist hatte die zweistündige geistliche Komposition kurz zuvor und – wie angenommen wird – innerhalb von nur sechs Wochen, geschrieben. Später hat er sie mehrfach verändert. Für sein Tonwerk nutzte er die biblische Textgrundlage, verwendete aber für die Choräle und Arien auch zeitgenössische Textpassagen. Um die Passion Christi eindringlich erlebbar zu machen, zog Bach alle musikalischen Register, wobei er jedoch den Ablauf seiner Komposition bündig und ohne Abschweifungen gestaltete. Die kompakte Beschränkung der Komposition auf ihren Kern und das Weglassen schmückenden Beiwerks ist es, was Interpreten wie Zuhörer gleichermaßen an diesem Werk schätzen. Schmerz und Drama der Kreuzigungsgeschichte fokussieren in Bachs Tondichtung zu einem Ausdruck geistlicher Ergriffenheit und einzigartiger Musikalität.

Unter Leitung von Chordirigent Morten Schuldt-Jensen, fanden der Kammerchor und das von Konzertmeister Gottfried von der Goltz eigens für diese Aufführung zusammengestellte Barockensemble zu einer hervorragenden musikalischen Einheit zusammen. Chor und Orchester begleiteten die vier Solisten Miriam Allan (Sopran), Kai Wessel (Countertenor), Henning Klocke (Tenor), Marcus Niedermeyr (Bariton) und Christian Hilz (Bass). Allesamt sind sie Gesangskünstler mit internationalem Renommee. Sicher und ausdrucksvoll sangen sie die Rezitative, Arien und Choräle, begleitet von Chor und Orchester.

Dass die evangelische Kirche in Ihringen für dieses erste von zwei Aufführungen der Johannes-Passion (tags darauf gastierte man in der Freiburger Marienkirche) gewählt wurde, lag, wie Dirigent Morten Schuldt-Jensen nach dem Konzert sagte, an der sehr guten Akustik des Gotteshauses, aber auch daran, „dass die Umgebung hier stimmt“. Zweifellos hat sich Ihringen als idealer Aufführungsort für klassische und geistliche Musik im ländlichen auch in Fachkreisen einen guten Namen machen können.

Die inspirierte Darbietung der Sänger und Musiker ließ den Funken verinnerlichter Begeisterung auf das Publikum überspringen. Lang anhaltender, teilweise jubelnder Beifall, belohnte Kammerchor, Orchester und Gesangssolisten für ihre Leistung. Der Winzergemeinde am Kaiserstuhl bescherten sie einen hochklassigen musikalischen Februarabend.