xmas Jazz – November 2011

(veröffentlicht am Mo, 28. November 2011 auf badische-zeitung.de) 
von Johannes Adam

 

Stille Nacht, swingend

xmas Jazz: Weihnachtskonzert des Freiburger Kammerchors.

Ja, ist denn jetzt schon Weihnachten? Sein Programm „Xmas Jazz“ hatte der Freiburger Kammerchor am ersten Adventswochenende jedenfalls bereits ganz aufs Christfest zugeschnitten. In der sehr gut besuchten Maria-Magdalena-Kirche des Freiburger Stadtteils Rieselfeld wurde das Zuhören zur Lust (tags zuvor war der Chor in Merdingen aufgetreten). Weihnachtliche Musik mal anders: nicht salbungsvoll, schon gar nicht kitschig, vielmehr munter und heutig. Die Leitung hatte Morten Schuldt-Jensen, jener dänische Chormeister, welcher derzeit bekanntlich nicht nur dirigiert, sondern wegen seiner Freiburger Professur auch prozessiert. Michael Praetorius’ alter Hit „Es ist ein Ros’ entsprungen“ zeigte im Konzert die Richtung an: Ungewohnt leicht, ohne Betulichkeit oder Pathos wurde dieses eherne Repertoirestück gestaltet, die Zeilenschlüsse immer als deutliche Zäsur. Was auch erklang: Der Chor, dessen Qualität inzwischen zweifellos gewachsen ist, wirkte sehr homogen, rund und – vor allem – frisch. Welcher Stil, und davon gab es hier einige, auch zur Debatte stand: Die Ergebnisse überzeugten restlos.

Auch dorthin ließ man sich gern mitnehmen, wo Weihnachten einen für mitteleuropäische Ohren eher ungewöhnlichen Sound erhält. Etwa bei den Dreingaben von Duke Ellington, für die Thomas Bauser am Klavier und German Klaiber (Bass) beste Voraussetzungen mitbrachten. Zusammen wirkten die beiden Instrumentalisten und der Chor bei „O kommet nach Bethlehem“, jenem Medley bekannter deutscher Weihnachtsweisen, das von Chorchef Schuldt-Jensen höchstpersönlich collagiert worden ist. Beispiel: „Stille Nacht“. Selbige Nacht gibt sich auch da zwar, wie gewohnt, still und heilig – zudem jedoch swingt sie. Und vermutlich sollen bei der dritten Strophe die putzigen Klaviertriller in erhöhter Lage das Lachen des holden Knaben musikalisch versinnlichen. Jeder Chorsatz hat sein Gesicht, stimmig sind die Übergänge. Und, was ja gar nicht so einfach ist: Die Musik klingt! Schuldt-Jensen kann flott arrangieren. Dieser Potpourri zählte zu den Höhepunkten.

Bei Edvard Griegs „Ave maris stella“ durfte der Kammerchor seine A-cappella-Tugenden vorführen. Die sind bemerkenswert und sonor. Alles ist interpretatorisch bis ins Detail ausformuliert. Insgesamt kommt auch der Parameter Klangfarbe nachhaltig zum Tragen. Apropos Grieg: Romantisches (und Barockes) hätte man bei dieser Gelegenheit gern noch mehr vernommen. Dafür gab es 20. Jahrhundert (auch in Ordnung!). Etwa Knut Nystedt: Wie ungeschwätzig dieser Norweger des Jahrgangs 1915 in Missa-brevis-Manier ein textreiches „Gloria“ kompositorisch durcheilt – alle Achtung!

Mit einem zugegebenen Christmas Carol der Londoner Chor-Koryphäe John Rutter klang der stimmungsvolle Abend aus. Ein hervorragendes Konzert, das indes noch verbindlicher und dichter geraten wäre, hätte der Chorleiter Goethes Postulat „Bilde, Künstler! Rede nicht!“ konsequent beherzigt.