Ein feines Kollektiv Bachs Weihnachtsoratorium mit dem Freiburger Kammerchor

veröffentlicht in gedruckter Form

am Mi, 18. Dezember 2019

Von Alexander Dick

Da macht ein Ensemble seinem Namen alle Ehre: Stets transparent, ohne zu großen Druck und nie massig klingt der Freiburger Kammerchor bei seiner Interpretation der sechs Kantaten des Bach’schen Weihnachtsoratoriums im Freiburger Konzerthaus. Da haben Stimmbildnerin Susanne Müller und Chorleiter Lukas Grimm ein feines Kollektiv herangeformt: ganz licht, knabenhaft schlank beim Sopran, hell und beweglich bei den Tenören, sanft im Alt und konturenstark bei den Bässen. Das führt auch zu sehr soliden Ergebnissen in den polyphonen Sätzen, und auch die kleinen „Turba-Chöre“ in der fünften Kantate behalten klare, durchschaubare Strukturen. Die Choräle begreift Grimm in den meisten Fällen als Moment der Kontemplation – nicht ausdrucksarm, aber ohne dramatische Aufwallung und moderat in den Tempi. Ansonsten steht diese Aufführung des Weihnachtsoratoriums in der Tradition historischer Informiertheit, auch mit Blick auf die Wahl der zügigen, bewegten Tempi. Der Eingangs und Schlusschor der dritten Kantate „Herrscher des Himmels“ ist sogar an der Grenze zum Gehetztsein, da gehen dann Details in den Einzelstimmen unter. Zumal die Camerata academica einen unterm Strich zwar ordentlichen Orchesterpart besorgt, dem es aber an gestalterischer Detailschärfe fehlt. Am störendsten ist der Non-VibratoKlang der Violinen, der leider auch immer wieder Schatten in der Intonation offenlegt, wie etwa im Ritornell der beglückenden Alt-Arie „Schlafe mein Liebster“. Stimmig agieren die Holzbläser, mit feinen Soli der Oboen und Flöten. Und bei den Trompeten, zumal den virtuosen Läufen Frieder Reichs, sprudelt es nur so an barocker Brillanz. Mehr Originalität und Plastizität wäre dagegen von der Continuo-Gruppe zu wünschen gewesen. Was dem Abend die Krone aufsetzt, sind die solistischen Leistungen. Julia Grüters glockenreiner, in den Höhen stets elegant gerundeter Sopran setzt ebenso Maßstäbe wie Britta Schwarz’ fast schon zärtlich zu nennender, wundersam samten klingender Alt. Ihre Interpretationen sind intensiv und deutungsstark. Jan Petryka zeigt sowohl als Evangelist als auch in den melismenreichen Arien hohe Belastbarkeit seines obertonreichen Tenors. Und Johannes Hills elegant federnder, nasal geführter Bass wirkt wie Balsam für eine Aufführung, die große Vorweihnachtsfreude bereitet