Jazz-Requiem November 2014

Fr, 14. November 2014 Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der Badischen Zeitung.von: Reiner Kobe

Innerlichkeit versus Lärm

Der Freiburger Kammerchor und die Kilian Heitzler Big Band.

„Ich bin dem Jazz sehr verbunden“, verkündete Lukas Grimm, als er vor fast zwei Jahren den renommierten Freiburger Kammerchor übernahm. Jetzt stellte er experimentierfreudig seinem Chor gar eine ganze Big Band zur Seite, um einen spannenden Abend satter Kontraste zu gestalten. Der Innerlichkeit des Novembers setzte Grimm mit einem Requiem gleichzeitig den Lärm der Welt entgegen.

Wohl gestaltet war der Abend im Audimax der Universität Freiburg mit dem Requiem des schwedischen Komponisten Nils Lindberg, das von einem zehnminütigen Stück des Amerikaner Robert Moran unterbrochen wurde. Doch zunächst setzte die von Kilian Heitzler geleitete Big Band mächtige Akzente. „Five and Eighty“, die auf einer Akkordfolge eines spanischen Barock-Chorwerks basierende Ballade, spielt der Solist Thomas Hilbert mit getragenem Flügelhorn-Ton, der vom swingenden Gestus der Big Band aufgefangen wird. Aus dem differenzierten Orchesterklang tritt das elegische Solo des Tenorsaxophons heraus, das, von leichtem Paukenschlag gestützt, den Chor mit „Requiem aeternam dona eis, Domine“ ins Spiel bringt. Leichtfüßig setzen sich die Stimmen in Bewegung, bis das Sopransaxophon expressiv zum „Dies irae“ überleitet. Wenn das Orchester rhythmisch zulegt, setzt sich Solistin Lotte Kortenhaus mit klarem Sopran durch; mit kräftigem Bariton tritt Jan-Ole Lingsch in Dialog mit dem bluesigen Klavier-Solo.

Kontraste halten das Jazz-Requiem in Spannung

Es sind die Kontraste, die das auf mittelalterlichen lateinischen Texten basierende Requiem in Spannung halten. Wenn den Toten die ewige Ruhe gewährt werden soll, dreht das Orchester erst unerwartet auf, um kurz vor dem Amen zu schweigen. Den Kontrast auf die Spitze getrieben – Dirigent Grimm sprach nach dem Konzert lieber von Tiefgang – hat zweifellos Robert Moran mit seiner „Elegant Journey with Stopping Points of Interest“. Die graphisch notierte Partitur von 1965 weist der Sängerin eine kreative Rolle zu, die sie mit allerhand vokalen Geräuschen und einem babylonischen Stimmengewirr, das auch vor einem belächelten Jodler nicht Halt machte, ausfüllten.

Lindebergs Requiem findet mit „Offertorium“, „Sanctus“ und „Agnus Dei“ schließlich ein
besinnliches Ende. Doch noch einmal bringt sich die Big Band mit Reminiszenzen an die Swing-Ära, in diesem Fall an „die Qualen der Hölle“ und „die Tiefen der Unterwelt“, in Erinnerung. Pause, dann lang anhaltender Beifall.